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    Die Gas-Wasser-Installateurin Uli erzählt

    40 Jahre als Frau in einem „Männerberuf“ – eine gute Entscheidung

    Mein ursprünglicher Berufswunsch war Lehrerin und auf Umwegen bin ich es letztlich auch geworden.
    Erstmal jedoch hatte ich nach dem Studium zwar meinen Abschluss als Lehrerin in der Tasche, aber keinen Arbeitsplatz. Das Regierungspräsidium hatte einen Einstellungs-Stopp für Lehrkräfte verhängt und viele Lehrer wurden nicht in eine Anstellung übernommen.
    Mein Vater meinte dann, ich solle „mal was Ordentliches“ lernen und hat ein Handwerk vorgeschlagen. Er war Gas-Wasserinstallateur- und Heizungsbaumeister und außerdem technischer Lehrer an der Berufsschule. Da ich eh nichts Besseres vorhatte, begann ich ein Praktikum bei einer Firma – eine Woche Heizungsbau und eine Woche Sanitär. Ich fand den Montagetrupp der Installationsabteilung netter als den beim Heizungsbau und darum habe ich mich dafür entschieden, diesen Berufszweig mal anzugehen.

    1984 begann ich mit 24 Jahren die Lehre und habe eine verkürzte Lehrzeit in der Berufsschule absolviert. Ich war die einzige Frau in der Klasse. Am Anfang haben sich die Jungs zwar gewundert: Ein Mädchen in diesem Beruf!  Aber sie haben mich schnell akzeptiert. Wir halfen uns gegenseitig und hatten eine richtig gute Klassengemeinschaft.

    Meine Mutter war Einzelhandelskauffrau. Die war erst mal dagegen, dass ich eine Lehre als Gas-WasserinstallateurIN machen will. Sie hat sich „was Besseres“ für mich vorgestellt. Vom Kopfwerker zum Handwerker, das hat man früher als sozialen Abstieg angesehen – meine Mutter war da auch nicht anders. Heute ist sie stolz auf meinen beruflichen Werdegang – so ändern sich die Zeiten.

    2 ½ Jahre dauerte meine Lehrzeit. Seit Beginn meiner Lehre und im Anschluss als Gesellin arbeitete ich bei derselben Firma in Mannheim. Meine Meisterprüfung legte ich vor der Handwerkskammer Karlsruhe ab.

    An die Lehrstelle bin ich nur deshalb gekommen, weil mein Vater Beziehungen zu der Firma hatte. Es war damals nicht so einfach, für kleine und mittlere Betriebe, weibliche Lehrlinge auszubilden. Es brauchte z.B. eigene sanitäre Anlagen und einen eigenen Umkleideraum für die weibliche Belegschaft – das war so gut wie in keinem Betrieb vorhanden. Ich war als einzige Frau in der Firma mit ca.10 weiteren männlichen Monteuren beschäftigt.

    Es gab schon Situationen, in denen ich mit meinen körperlichen Kräften an meine Grenzen stieß. Aber das war auch nie ein größeres Problem. Ich war viel auf Baustellen, im Rohbau, da ist man so gut wie nie allein. Vieles ist ja auch eine Frage der Technik – man lernt, wie man’s macht und für manche Arbeiten ist es sogar von Vorteil, kleinere Hände zu haben.

    Während dieser Zeit war ich bereits mit meinem Freund und späteren Mann zusammen. Für ihn war mein Beruf absolut kein Problem – eher das Gegenteil. Er hatte handwerklich zwei linke Hände.

    Mein Beruf hat mir großen Spaß gemacht, ich war gut und anerkannt. Die Kunden waren manchmal verblüfft, eine Frau zu sehen, fanden das aber richtig toll. Es gab eigentlich keinen Grund, etwas anderes zu tun.

    Da bekam ich mit, dass die „Bundesfachschule für Sanitär, Heizung- und Lüftungstechnik“ in Karlsruhe eine Lehrkraft für die Fachrichtung Sanitärtechnik suchte. Durch meinen Beruf und zusätzlich mein abgeschlossenes pädagogisches Studium war ich für diese Stelle bestens geeignet. Diese Schule ist Berufsschule für Auszubildende sowie Meisterschule und Technikerschule. Mein Schwerpunkt war in der Meister- und Technikerschule, aber auch in der Berufsschule war ich tätig. Die Azubis haben Realschul- sowie Hauptschulabschluss und einige wenige das Abitur.

    Für Mädchen und Frauen bietet dieser Ausbildungsgang – ebenso wie für Jungen und Männer – zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten:

    An Lehrzeit und drei Jahre als Geselle/in schließt sich eine Weiterbildung zur Technikerin bzw. zum Techniker mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten an, z.B. in Planungsbüros, aber auch bei ausführenden Firmen. Die Weiterbildung zum/zur Meister/in lässt sich direkt im Anschluss an die Lehrzeit beginnen.

    In der Praxis arbeitet man heute immer noch im „Blaumann“, jedoch haben „neue“ Werkstoffe und deren Verarbeitungstechniken sowie auch der Einzug des Tablets die Arbeitswelt wesentlich erleichtert. Im Laufe der Jahre hat sich im technischen Gebiet sehr viel verändert und angesichts der klimatischen Anforderungen werden mit Sicherheit weitere Aspekte dazukommen.

    Als ich 1990 in der Bundesfachschule begann, war ich die einzige wissenschaftlich-technische Lehrerin. Das war ein holpriger Start. Dieser Bereich war eine Männerdomäne und so gab es Kollegen, die sich auch so benommen haben. Ich habe das mit ignoranter Toleranz bestraft. Mittlerweile sind drei Frauen und ca. 30 Männer im technischen Bereich als Lehrkräfte tätig, die kollegial miteinander zusammenarbeiten.

    Ich kann als Lehrkraft auf 30 Jahre Tätigkeit zurückblicken. In dieser Zeit waren höchstens zehn Mädchen als Auszubildende, sechs Frauen in der Meisterschule und einige mehr in der Technikerschule, weil sich hier auch technische Zeichnerinnen auf der Heizungsschiene weitergebildet haben.

    Abschließend möchte ich sagen: „Ich liebe dieses Gewerk.“

    Dieser Beruf ist vielschichtig, interessant, abwechslungsreich und kein Tag ist wie der andere. Eine echte Berufsalternative für Mädchen bzw. Frauen. Traut euch. Es wird Zeit, dass sich das ändert.

    Text: Ulrike Gall

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